6. Internationale Konferenz zur Vereinigung der Wissenschaften. - ICUS
Reverend Sun Myung Moon
Fairmont Hotel, San Francisco, California
25.-27. November 1977
Ins Deutsche übertragen von Johannes Stampf
Sehr verehrte Vorsitzende, Gelehrte aus aller Welt, meine Damen und Herren!
Es ist mir eine große Freude, Sie hier zur 6. Internationalen Konferenz zur Vereinigung der Wissenschaften (ICUS) begrüßen zu dürfen. Viele von Ihnen haben an diesen Konferenzen schon öfters teilgenommen und sind mit der Materie bereits mehr vertraut, während andere zum ersten Mal teilnehmen. Wie dem auch sei, jedes Mal, wenn wir zusammenkommen, haben wir die Gelegenheit, ganz direkt unsere Sichtweisen über die Fragen auszutauschen, die sich von Jahr zu Jahr neu stellen.
Als religiöser Führer und Wissenschaftler war ich immer schon sowohl an den Fragestellungen der Religion und Philosophie als auch der Wissenschaften interessiert. Diese Konferenzen habe ich aus dieser Motivation heraus ins Leben gerufen. Ich bin davon überzeugt, dass es zwischen den unterschiedlichen Bereichen eine Beziehung gibt und auch zwischen Personen, die sich aktiv mit den ewigen Wahrheiten beschäftigen und denen, die sich auf ihre Beobachtung stützen. Und wie könnte es in der Tat möglich sein, die Dinge, die innerhalb von Zeit und Raum geschehen, zu erfassen, außer in Beziehung zu transzendenten Realitäten?
Religion und Philosophie beschäftigen sich mit Fragen der Metaphysik und der Moral, die das Bewußtsein des Menschen seit urdenklichen Zeiten beschäftigen. Woher kommen diese? Warum gibt es Kummer und Leid? Was ist gut und böse? Gibt es ein Leben nach dem Tod? Diese Fragen beschäftigen uns alle, gleichgültig in welcher akademischen Disziplin wir arbeiten.
Die Wissenschaft limitiert sich darauf, sich mit den Gesetzmäßigkeiten des Universums und dem Verständnis der Dinge innerhalb von Zeit und Raum zu beschäftigen. Wie wir alle wissen, haben die Wissenschaften innerhalb der vergangenen Jahrhunderte große Fortschritte erzielt. Aber eine Wissenschaft ohne Wertestandard kann auch sehr destruktiv sein. Die Möglichkeit eines Atomkrieges veranschaulicht das. Daher beschäftigt sich diese Konferenz, wie die vorhergehenden auch, mit der Beziehung zwischen Wissenschaft und Wertestandard.
Aus meiner Sicht ist die ganze Bandbreite des Wissens von der Theologie bis hin zu den erdgebundenen Wissenschaften bedeutungslos, außer sie folgt einem Zweck und einer klaren Richtung. Die Suche nach einem Wertestandard ist die Suche nach diesem Zweck. In dieser gemeinsamen Frage stehen die Errungenschaften des Wissens aller Gebiete in einer Beziehung zueinander. Sicherlich kann das wahre Wissen in sich nicht widersprüchlich sein. In der Tat mögen Entdeckungen in einem Bereich große Bedeutung für andere Bereiche haben. In den letzten hundert Jahren hatten die Errungenschaften der materiellen Wissenschaften einen großen Einfluß auf das Verhalten und den Glauben von Individuen in allen Bereichen. Auch wenn sie oft missverstanden werden, so hatten die Relativitätstheorie und die Unbestimmbarkeit eines letzten Zieles zweifelsfrei einen großen Einfluß auch auf Philosophie und Theologie. Es ist schade, auch wenn das Wissen aus verschiedenen Gebieten oft in einer Wechselbeziehung zueinander steht, dass Gelehrte zu oft nur ihr eigenes Gebiet bevorzugen und sich zu isoliert darauf konzentrieren. Extreme Spezialisierung läuft Gefahr Wissen zu produzieren, das nur noch für die Person von Interesse ist, die es hervorgebracht hat. Die Freude über seine Entdeckungen sollte einen Gelehrten dazu anregen, sich mit anderen auf eine Weise auszutauschen, die der andere auch verstehen kann. Wir sollten bereit sein zuzuhören, damit unser Wissen nicht oberflächlich und unpräzise wird.
Religiöse Menschen fühlten sich besonders seit der Renaissance von den Entdeckungen der Wissenschaften bedroht. Aber wie kann sich eine sogenannte religiöse Person mit der Erlösung beschäftigen, ohne sich das Wissen und die Fertigkeiten anzueignen, die notwendig sind, um die Probleme des Hungers, der Krankheit, des Alters und ungenügender Wohnung und Kleidung zu lösen? Die Wissenschaft hat in diesen Bereichen wirklich Großes geleistet.
Weiters ist es so, dass, wenn wir die Wunder und Geheimnisse des Menschen und des Universums betrachten, Religion und Wissenschaft durch Inspiration, Logik und Beobachtung den letzten Urgrund für die Entstehung des Menschen und des Universums zu erklären suchen oder zumindest dahingehend Überlegungen anstellen. Diese Fragestellung nach dem Ursprung und Zweck ist sicherlich eine, die uns von anderen Geschöpfen unterscheidet. Sie versorgt uns mit unversiegbaren Energiequellen. Hier beschäftigen sich die Kosmologen und die Biologen des 20. Jahrhunderts mit einer Materie, die auch Theologen und Philosophen beschäftigt.
Betrachten wir das Wunder Mensch in seiner Welt, so können wir nicht anders, als auch wirtschaftliche und politische Überlegungen einfließen zu lassen. Jeder Mensch besitzt Qualitäten wie Liebe, das Gute und das Schöne und jeder hat auch das Potential diese auszudrücken. Wir müssen aber feststellen, dass heute weltweit zahlreiche Regierungen die Menschen als Tiere definieren, die nur einen wirtschaftlichen Wert besitzen. Allzu oft verfolgen Regierungen Menschen nur ihrer Glaubensvorstellungen wegen, die nicht mit den Vorgaben der Regierung konform gehen. Leider versuchten Anarchisten und Terroristen in jüngster Zeit die Demokratie mit grausamen Gewaltakten zu brechen. Wenn wir nun hier in dieser Konferenz die Gelegenheit haben unsere Studien über die Wertestandards fortzusetzen, so ist es wichtig, uns an die politischen und sozialen Wirklichkeiten zu erinnern, die den kreativen Fortschritt der Menschheit in Bezug auf Werte wie Rechtsprechung, Freiheit und Würde auf das äußerste bedrohen.
Die Ideen und Errungenschaften von Ihnen, verehrte Gelehrte und Wissenschaftler aus aller Welt, beeinflussen Regierungen, Medien und soziale Trends, nicht zu sprechen vom Einfluß, den Sie auf Ihre Studenten ausüben. So haben Sie eine große Verantwortung alles zu tun, was in Ihrer Macht steht, um die Bedingungen des Menschen und der Welt, in der wir leben, zu verbessern. Es ist für alle, die hier an dieser Konferenz teilnehmen, äußerst wichtig, die Errungenschaften und Entwicklungen der unterschiedlichsten Forschungsgebiete anzuerkennen und zu würdigen, so dass wir alle die Zukunft besser zu verstehen imstande sind.
Das Thema unserer diesjährigen Konferenz ist: "Die Suche nach absoluten Werten in einer sich ständig ändernden Welt". Ich bitte Sie alle dringend, die Resultate ihrer Studien und Forschungen einzubringen und dieses Thema in all Ihre Meetings einzubeziehen. Fühlen Sie sich frei, Ihre Meinung zu sagen und zu vertreten. Ein solches Klima wird ein sehr bedeutsames Meeting ermöglichen.
Ich bedanke mich für Ihre geschätzte Teilnahme an dieser Konferenz, und dass Sie sich in den kommenden drei Tagen mit dieser schwerwiegenden Frage des Konferenzthemas beschäftigen. Ich hoffe, dass diese Konferenz für jeden von Ihnen zu einer Bereicherung wird.
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.