Reverend Sun Myung Moon
11. August 1984
Lotte Hotel, Seoul, Korea
Ins Deutsche übertragen von Johannes Stampf
Ehrenwerter Vorsitzender, verehrte Gelehrte und Vertreter des Klerus, Teilnehmer am Jugendseminar der Weltreligionen, meine Damen und Herrn:
Ich heiße Sie alle hier in Korea, wo diese 4. Konferenz über Gott, sowie das 3. Jugendseminar der Weltreligionen stattfindet, auf das Herzlichste willkommen.
Es ist natürlich und angemessen diese Konferenz und dieses Seminar hier in Korea einzuberufen. Korea war auch in der Geschichte ein Ort, an dem verschiedene Religionen zusammengetroffen sind. Der Buddhismus und der Konfuzianismus haben hier sehr tiefe Wurzeln, die immer die Harmonie im Zusammenhang mit der in Korea beheimateten Tan-gun Tradition und dem koreanischen Volksglauben hervorgehoben und aufrecht erhalten haben. Auch das Christentum kam in Korea zu einer Blütezeit. Heuer, 1984, feiern wir den 200. Jahrestag des Beginnes des Katholizismus und den 100. Jahrestag des Bestehens des Protestantismus. Innerhalb unserer kulturell homogenen koreanischen Gesellschaft konnten die Religionen gut koexistieren und sich gegenseitig befruchten und heute sind die moralischen Grundprinzipien all dieser unterschiedlichen Religionen tief im Volk und der Gesellschaft unseres Landes verankert. Aus diesem Boden ging die Vereinigungsbewegung hervor - eine Bewegung, die bestrebt ist, Einheit auch auf der weltweiten Ebene und eine Welt der Liebe, der Sympathie und der Harmonie, basierend auf der religiösen Zusicherung einer Familie aller Menschen unter unseren gemeinsamen Eltern - Gott - hervorzubringen.
Um diese ideale Welt schaffen zu können, brauchen wir ein klares Modell, einen klaren Plan. Ein wichtiges Bild für diese Vereinigung ist das einer reifen oder vollkommenen Persönlichkeit, in der Geist und Körper eins geworden sind. Aus dem mentalen und geistigen Leben einer Person, ausgerichtet auf Gott, entspringen Ideale und Zielsetzungen. Das Nervensystem überträgt die daraus resultierenden Direktiven des Geistes auf die Zellen und bringt Informationen vom physischen Körper wieder direkt zurück zum Gemüt oder zum Geist. Geht dieser Informationsfluß reibungslos und ohne Hindernisse vonstatten, so sprechen wir von einem harmonischen Austausch oder von einer harmonischen Person. Das mentale und geistige Leben der Menschheit kann mit dem Gemüt oder dem Geist verglichen werden, während das wirtschaftliche Leben für den Körper steht. Die geistigen Ideale, die Zielsetzungen und die Liebe Gottes finden ihren Ausdruck in den Religionen, um die sich die Theologie, die Philosophie, die Kunst und alles was die Kultur ausmacht dreht. In diesem Bild sind also die religiösen Führer und die philosophischen Denker, die die Impulse, die von Gott kommen, auf den ganze Gemeinschaft der Menschheit übertragen, interpretieren und entwickeln, dem zentralen Nervensystem vergleichbar.
Ich betrachte die religiösen Führer und die Gelehrten daher für die Verbesserung der Welt und das Hervorbringen eines neuen kulturellen Wandels für höchst wichtig. Solche Leiter waren immer die Vorreiter oder die Vorhut kultureller Entwicklungen - im alten China, in Indien, in Afrika, im Mittleren Osten, in Griechenland usw.; im Heranwachsen des Christentums und in der Welt des Islam; in der Renaissance, der Reformation und der Aufklärung.
Heute aber, mit dem großen Erfolg von Technologie und Wissenschaft und dem Versagen der Religionen auf die realistischen Probleme der Welt angemessen zu reagieren, marschieren die, die eine Änderung in der Gesellschaft herbeiführen, oft unter der anti-religiösen Fahne des Kommunismus oder des Materialismus. Aber der Kommunismus bedient sich der Gewalt als Mittel zur Veränderung oder des Wandels. Er verneint letztlich Gott, wendet sich grundsätzlich gegen die Religion und versucht unsere Perspektive auf die materielle Welt und auf materielle Werte hin einzuengen.
Ich weiß, dass zahlreiche Unterstützer und Sympathisanten des Kommunismus hohe Ideale besitzen, die sich nicht auf eine Nation, eine Rasse oder eine Kultur beschränken, aber ihre Energie und ihr Idealismus müssen von einer gottzentrierten Denk- und Handlungsweise begleitet und ergänzt werden, um als vollständig gelten zu können. So benötigt die Welt heute religiöse Führer und Gelehrte als opferbereite Pioniere. Diese Konferenz über Gott und dieses Jugendseminar der Weltreligionen, sowie alle Aktivitäten des international Religious Foundation wurden als Forum und Struktur zur Erfüllung dieses Ideals geschaffen und eingerichtet.
Als Individuen sind Sie aufgerufen, Ihren Einsatz und Ihre speziellen Lehr- und Forschungsgebiete der Welt gegenüber zu erneuern. Als Repräsentanten der Weltreligionen sind Sie aufgerufen mit Ihren Kirchen, Moscheen, Synagogen, Schreinen und Tempeln zum Wohl des Friedens in der Welt und unter den Menschen, ausgerichtet auf Gott, zusammenzuarbeiten. Viele Menschen fragen sich, was die Religion in einem derart materiellen Zeitalter noch tun kann. Meine Antwort ist: Die Religionen der Welt sollten sich zusammenschließen und ein stabiles, universell gültiges und anwendbares Wertesystem beisteuern, auf dessen Grundlage die Regierungen wahren Frieden und wahre Harmonie errichten können. Wissenschaft und Technologie können dabei für Glück und Wohlstand der Menschheit voll nutzbar gemacht werden und die Kulturen der Welt können auf diese Weise geläutert, hochgeachtet, miteinander geteilt und gefeiert werden.
Wahrlich, das Ideal, für das ich eintrete, ist nichts anderes als die Errichtung des Himmels auf Erden. Ich sehe das als ein realistisches Ziel, auf das wir ganz realistisch hinzuarbeiten imstande sind. Menschen haben mir gesagt, dass ich ein Utopist bin. Ich schätze mich auch als sehr idealistisch ein, aber ich habe keine andere Wahl. Gott hat mich ganz direkt und persönlich gerufen und mir diese Aufgabe erteilt und die Verantwortung für dessen Ausführung übertragen.
Ich habe mich nicht nur darauf beschränkt, den Menschen über Gottes Ideal zu erzählen, sondern ich arbeite auch ständig daran, dieses Ideal auf dieser Welt zu verwirklichen. Das ist der Grund für all meine Unternehmungen und Aktivitäten; meine missionarische Arbeit, die Erziehung von Menschen in aller Welt, die Herausforderung auf die kommunistische Ideologie angemessen zu reagieren und Lösungen anzubieten und die ökumenische Arbeit mit den Religionen der Welt und die Gemeinschaftsdienstbewegungen. Unter all diesen lege ich besonderen Wert auf die ökumenische Arbeit.
Ein großes Problem, dem die Welt heute gegenübersteht, ist der Mangel an geistiger Einheit innerhalb und zwischen den Religionen der Welt. Allen Bemühungen zum Trotz dauern auch heute noch Abspaltungen und Feindseligkeiten unter den Religionsgruppen an. Religionskriege werden noch immer ausgefochten. Das geht schon seit Jahrhunderten so. Ungeachtet verschiedener ökumenischer Bewegungen herrschen unter den Gläubigen noch immer religiöse Überheblichkeit, Intoleranz, Scheinheiligkeit und Bigotterie. Auch wenn die meisten Religionen bereits seit Jahrhunderten zum gleichen Gott beteten und oft sogar ähnliche Vorstellungen über ihn teilten, verfolgten die Gläubigen großer und kleiner Religionen sich gegenseitig und zogen gegeneinander in den Krieg.
Wir müssen verstehen, dass Gott mit Denominationismus, Doktrinismus und Streitgruppenbildung unter den Religionen nichts zu tun hat. Gottes Zweck ist und war immer die Erlösung der ganzen Welt und nicht bloß einer Rasse, einer Nation oder einer Religionsgemeinschaft. Als religiöse Menschen können wir Gottes Erlösungswerk nicht dienlich sein, solange wir uns gegenseitig bekämpfen. Diese Idee ist nicht im Geringsten neu, aber aus vielerlei Gründen war es bis heute nicht möglich, dieses Unwesen zu beenden.
Die Essenz meiner Lehren ist, dass die Harmonie innerhalb und unter den Religionen eine notwendige Vorbedingung für das Erreichen des Weltfriedens ist. Da keine Religion Gott vollständig offenbaren konnte, blieben Unterschiede zwischen den Religionen unvermeidlich. Da wir aber, wie zahlreiche religiöse Führer gelehrt haben, alle zusammen Kinder der gleichen himmlischen Eltern sind, sind wir alle Brüder und Schwestern einer großen Familie, und interreligiöser Konflikt und trennender Hass sind vollkommen entbehrlich und unnotwendig.
In meinen geistigen Kämpfen und auf meiner geistigen Suche bin ich Gott sehr oft begegnet und ich traf auch die großen Religionsgründer, die jetzt in der geistigen Welt sind. Ich spüre die andauernde Anwesenheit und Inspiration Gottes in meinem alltäglichen Leben. Wie wäre es ohne Gott einem Mann, geboren in einem isolierten Bauerndorf in einem kleinen, unterdrückten und mittellosen Land, möglich gewesen, diese Zusammenkunft von religiösen Führern der Weltreligionen zu sponsern und zu dieser Versammlung zu sprechen? Ich bezeuge, dass die Lehren der Vereinigungsbewegung und deren Ziele und Projekte das Ergebnis dessen sind, was Gott mir aufgetragen hat. Sie sind nicht meine persönliche Theorie und das sind auch nicht meine persönlichen Aktivitäten, sie sind nichts anderes als Gottes Aktivitäten und Ziele.
Das international Religious Foundation plant im Jahre 1993 ein Parlament der Weltreligionen zu sponsern. Dieses wird den 100sten Jahrestag des Weltparlamentes der Religionen 1893 in Chicago in Verbindung mit der ersten Weltausstellung feiern. Als Vorbereitung darauf wird es noch zwei Treffen geben - eines Mitte November 1985 in der Nähe von New York City und das zweite irgendwann im Jahre 1989. Jedes dieser Treffen wird über 700 geistliche Führer, Gelehrte, Laienführer, Künstler und Jugendliche zusammenführen. Wir hoffen, dass diese drei geplanten Ereignisse die Grundlage für weitere derartige Programme in der Zukunft bilden werden.
Das Parlament der Weltreligionen 1993 und deren beide Vorbereitungstreffen sollten dazu dienen, ein neues Umfeld für globale ökumenische Kontakte zu bilden. Wir zielen darauf hin die universellen Prinzipien, die allem Leben zugrunde liegen, zu enthüllen und sie mit voller Vitalität und in größtmöglicher Ausdrucksvielfalt zu verbreiten. Indem wir das tun, wird das Parlament darauf hinarbeiten den internationalen Frieden und die internationale Harmonie, die sich die Welt immer erhofft und ersehnt hat, zu fördern und zu entwickeln. Den Teilnehmern wird die Möglichkeit gegeben werden, ihre Perspektiven an der gegenwärtigen geistigen Lage und ihre Lösungsvorschläge mit den anderen zu teilen.
Es wird nicht deren Zweck sein, politische oder doktringebundene Gesetze oder Vorgaben zu erlassen, sondern vielmehr gegenseitigen Respekt unter den Weltreligionen und interreligiöse Zusammenarbeit in Projekten, die sie initiieren, zu fördern. Es wird eine ganze Reihe von Themen zu diskutieren geben, aber das über allem liegende Thema wird die Erneuerung der Spiritualität und die Errichtung einer friedvollen Welt unter Gott sein.
Ich bedanke mich für Ihr Kommen. Ich hoffe, dass diese Konferenz nicht auf menschliches Denken über Gott ausgerichtet sein wird, sondern auf Gottes ursprüngliches Ideal. Ich bin zutiefst davon überzeugt, dass Sie in Ihrem Studium und in Ihren Diskussionen in der Errichtung des Ideales Gottes auf Erden einen großen Schritt nach vorne machen werden.
Danke für Ihre Aufmerksamkeit.