Herausforderungen und Möglichkeiten für den Weltfrieden

Gipfelrat für den Weltfrieden

Ansprache des Gründers

Rev. Sun Myung Moon

1. Juni 1987
Seoul, Korea

Verehrter Vorsitzender, ehrenwerte frühere Staats- und Ministerpräsidenten, ehrenwerte Repräsentanten der Royalität und des Adels, verehrte Anwesende, meine Damen und Herren!

Es ist für mich eine Quelle der Inspiration, in dieser Versammlung von führenden Persönlichkeiten zu sprechen.

Die Geschichte ist Zeugnis dafür, daß es immer wieder Männer und Frauen gegeben hat, die sich nach dem Frieden gesehnt haben. Sie wandten sehr unterschiedliche Strategien an, diesen Frieden zu sichern. In manchen Fällen sollte dies durch Eroberungen geschehen, in anderen wieder durch ein Sich-geschlagengeben. In diesem Jahrhundert finden wir zwei wertvolle Einrichtungen, die helfen sollten, internationale Differenzen so zu lösen, daß sie nicht in Kriegen endeten: den Völkerbund und die Vereinten Nationen. Jedoch, trotz dieser Anstrengungen ist es der Menschheit noch nicht gelungen, den dauerhaften Frieden zu schaffen. Die Geschichte ist nach wie vor eine Geschichte der Konflikte, die oft in zerstörerischer Gewalttätigkeit enden. Worin liegt der Grund, daß bis heute Friede unerreichbar war?

Ich sehe die Ursache darin, daß der innere Kampf in der Persönlichkeit jedes Menschen nicht gelöst ist. Konflikte auf der Weltebene sind nichts anderes als Widerspiegelungen der inneren Konflikte von Menschen. Wir sehen die Widersprüche zwischen den Idealen der Menschen und dem praktischen Leben. Der Kern dieser Widersprüche liegt im Kampf zwischen Geist und Körper. Der menschliche Geist strebt nach den höchsten Idealen. Es ist der Geist, der Gott erreichen will. Mit dem Körper führen wir unsere Ideale aus; das erfordert alle Anstrengung, Disziplin und Selbstaufopferung. Wir bekommen die Spannung zwischen dem Streben unseres Geistes und dem unseres Körpers zu spüren. Der Geist sucht den Bereich des Glaubens, während der Körper an der Welt des Verstandes interessiert ist.

ZWEI PARALLELE STRÖMUNGEN

Daher haben sich in der Geschichte zwei parallele Strömungen entwickelt. Die eine ist mehr äußerlich und rational; sie betont die Vorherrschaft des Körpers, das heißt, die äußerliche Befriedigung, die physische Schönheit und die Naturwissenschaften, welche die Beweisführung auf der Grundlage der physischen Sinne erbringen.

Die andere Hauptströmung in der menschlichen Entwicklung nennen wir die religiöse Tradition. Sie betont die Werte, Gesetze und Offenbarungen, die von Gott kommen und mittels der äußeren Wissenschaften nicht als wahr bewiesen werden können. Diese beiden Strömungen sind die Grundlagen für die zwei vorherrschenden Ideologien, welche sich heute im Konflikt befinden.

Die demokratische oder freie Welt hat sich aus der religiösen Tradition heraus entwickelt. Die moderne Vorstellung von Demokratie haben wir in der Bibel grundgelegt, wo es heißt: "und Gott schuf den Menschen nach Seinem Bilde...". Dementsprechend räumt die demokratische Welt der Einzelperson den Wert eines Kindes Gottes ein. Es bedarf einer großen Sorgfalt, die Freiheit des Menschen zu schützen, denn ohne die Freiheit haben seine Handlungen keinen Wert.

Der Kommunismus hingegen ist ein Auswuchs der äußerlicheren und säkularen Strömung der menschlichen Geschichte. Auf dem Erbe der Aufklärung und der Französischen Revolution stehend, empfiehlt Karl Marx die Anwendung von Gewalt und die gewaltsame soziale Neuordnung der menschlichen Gesellschaft, in welcher der Glaube an Gott ausgeschlossen ist. Der marxistischen sozialen Umgestaltung wird ein gottverleugnendes Menschenbild zugrundegelegt. Welche Resultate sehen wir? Es gibt heute zwar viele Einzelpersonen, die die eine oder andere These von Karl Marx verteidigen, was aber nichts an der Tatsache ändert, daß nach 70 Jahren marxistischer Praxis in der Sowjetunion und anderswo das Resultat eine tragische soziale Katastrophe ist. Schätzungen sprechen von 150 Millionen Menschen, die der kommunistischen Machtübernahme zum Opfer gefallen sind und getötet wurden. Die blühende Welt der Gerechtigkeit, die Marx versprochen hat, ist nirgendswo zu sehen. Stattdessen stehen sich die Nationen, die eine der beiden Ideologien vertreten, in einer weltweiten Konfrontation gegenüber. Unsere Welt ist von einer größeren Zerstörung bedroht, als man sich je vorstellen konnte.

EIN PLAN FÜR DEN FRIEDEN

In diesem Zusammenhang möchte ich drei Stufen für die Lösung in der Frage nach dem Weltfrieden anbieten. Diese Schritte, meine ich, sind sehr fundamental, auch wenn sie vielleicht idealistisch erscheinen. Doch jedes Haus, das auf falschem Grund gebaut ist, kann nur restauriert werden, wenn die Grundfeste erneuert wird.

Mein Friedensplan beginnt mit der Einzelperson. Zuerst müssen wir persönlich Frieden mit Gott schließen, dann mit unseren Mitmenschen, und schließlich können wir den Weltfrieden sichern.

Ich habe mein ganzes Leben der Suche nach Wahrheit gewidmet. Um die Wahrheit über den Ursprung des Universums und die Existenz Gottes zu finden, habe ich viel Leid auf mich genommen. Durch mühsames, persönliches Suchen habe ich das innerste Wesen Gottes kennengelernt. Ich habe Gott oftmals auf sehr einzigartige Weise erfahren. Und ich habe eines verstehen gelernt, nämlich, daß niemand den Frieden auf Erden bauen kann, ohne zuvor in Frieden mit Gott zu sein.

Gott, die erste Ursache des Universums, hat die Welt in all ihrer Großartigkeit geschaffen. Zugleich ist Er unser liebender Vater, der Seiner Schöpfung einen besonderen Zweck gegeben hat. Der Zweck der Schöpfung ist die Erfüllung der Liebe. Gott ist die Quelle der wahren Liebe,

doch selbst der Allmächtige kann sich der Liebe nicht erfreuen, wenn Er alleine ist. Er braucht ein Objekt, dem Er Seine Liebe geben kann und das auch fähig ist, Seine Liebe zu erwidern. Dieses Objekt sollte der Gipfel und die Krönung der Schöpfung sein. Das ist der Mensch. Unser menschliches Leben hat also einen Zweck. Er liegt darin, Reife zu erlangen und in der Fülle der wahren Liebe zu Gott ewig zu leben. Diese Beziehung der Liebe zu Gott ist die Grundlage für den Frieden mit Gott.

UNSEREN NÄCHSTEN LIEBEN

Erst wenn wir mit Gott in Frieden leben, sind wir bereit, auch mit unserem Nächsten Frieden zu schließen. Worin liegt die Grundlage für den Frieden unter den Menschen? Wiederum ist es die Liebe. Judentum, Christentum, Islam und die anderen großen Religionen der Welt lehren, daß wir alle Kinder des allmächtigen Schöpfers sind. Wir sind daher Brüder und Schwestern. Jeder Mensch ist ein Bild Gottes - mein Bruder oder meine Schwester. Die beste Art, Gott zu verherrlichen und Ihm die Ehre zu geben, ist, Seine Kinder zu lieben. Dieses Verständnis ist die Grundlage für die Liebe unter den Menschen.

Den Weltfrieden zu finden, ist unser langgehegter Traum. Die Grundfeste dafür ist genau dieselbe, wie für den persönlichen Frieden.

Der Konflikt zwischen den beiden Welten ist sehr real. Es handelt sich aber nicht nur um die Konfrontation zwischen der freien und der kommunistischen Welt. Im wesentlichen geht es um einen Konflikt zweier sich gegenüberstehender Wertesysteme. Das eine bejaht Gott, das andere verneint Ihn. Die Entstehung des Kommunismus ist in gewissem Sinne ein Beweis für das Versagen der Menschen, nach den ursprünglichen, moralischen Werten Gottes zu leben. Man kann sagen, daß der Kommunismus eine Ideologie der Anklage ist. Der Kommunismus klagt die religiösen Menschen an, ihre Ideale nicht erfüllt zu haben. Da viele Anschuldigungen nicht zurückzuweisen sind, hat der Kommunismus Kraft. Er kann daher nur überwunden werden, wenn die gottgläubige Welt ihre Ideale in die Praxis umsetzt. Dieses weltweite Problem ist, so gesehen, ein geistiges Problem, dessen Lösung in der Bejahung der Realität Gottes ihren Anfang nehmen muß.

EINE GEISTIGE ERWECKUNG

Was unsere Welt heute braucht, um sich selbst zu retten, ist eine mächtige geistige Erweckung. Die Welt muß erwachen, die Realität Gottes wahrnehmen und mit einem Weltbild ausgerüstet werden, dem gottbejahende Prinzipien zugrunde liegen. Dieses Weltbild muß in der Lage sein, die Verwirrung in unserem Wertesystem zu beseitigen. Mit Sicherheit wird diese geistige Realität auch in politischer und wirtschaftlicher Stärke, sowie in militärischen Beschlußfassungen ihren Niederschlag finden. Die innere Dynamik jedoch, muß von dem geistigen Fundament des Glaubens an Gott und der wahren Liebe unter den Menschen bestimmt sein.

Auf der Grundlage solch einer Erweckung hin zu höheren Werten, müssen sich auch die zwischenstaatlichen Beziehungen verändern. Bisher war die treibende Kraft hinter der wirtschaftlichen Entwicklung oft nur das Streben nach Gewinn. Ein sehr großes Ausmaß an menschlichem Potential wurde dadurch freigesetzt, und es fand eine bemerkenswerte Entwicklung der Welt statt. Es ist jedoch jetzt die Zeit gekommen, wo die entwickelten Länder über ihr Profitmotiv hinausgehen müssen. Das Prinzip der Liebe muß auch auf der Ebene der internationalen Beziehungen angewendet werden. Die industrialisierten Nationen sollten wissen, daß sie von Gott gesegnet wurden, um anderen zu helfen. Sie müssen die Bereitschaft haben, für die unterentwickelten Länder der Welt Opfer zu bringen, zu geben, damit andere Menschen vom Elend befreit werden können. Glauben Sie, daß die blühenden Nationen dadurch Schaden nehmen würden? Würden sie darunter leiden? In keiner Weise. Das Gegenteil tritt ein. Wenn die Länder nicht in höheren Dimensionen denken als auf der Ebene ihres Profits, so sind sie dem Niedergang geweiht, obgleich sie versuchen mögen, ihren Wohlstand zu erhalten. Wie können wir in Frieden mit uns selbst leben, wenn unsere Mitmenschen an Hunger sterben, durch Krankheit dahingerafft oder durch Unwissenheit gefangengehalten werden? Wenn die industrialisierten Länder vereint sind, können sie in einem gewaltigen Kreuzzug die drei großen Plagen der Menschheit: Hunger, Krankheit und Unwissenheit, überwinden.

EINE WELTWEITE GEMEINSCHAFT DER NATIONEN UNTER GOTT

Schließlich können die selbstlosen Beziehungen unter den Nationen dazu führen, daß unter Gott eine Gemeinschaft aller Völker substantiell entsteht.

Heute, im ausgehenden 20.Jahrhundert, müssen wir erkennen, daß unsere Welt immer kleiner wird. Kein Land ist eine Insel. Keinem kann es gut gehen ohne die Beziehung zu anderen. Die Welt wird ein globales Dorf. Das Überleben und der Wohlstand aller sind vom Geist der Zusammenarbeit abhängig. Die Menschheit muß sich als Menschheitsfamilie verstehen. Deshalb muß eine weltweite Gemeinschaft der Nationen errichtet werden, um das gegenseitige Verständnis und den Respekt voreinander zu fördern. In Zusammenarbeit können wir auch unsere Umwelt schützen, das kulturelle Niveau der Menschen heben und die Freiheit, Gerechtigkeit und Würde des einzelnen Menschen sichern. Was kann als Grundlage für eine derartige Zusammenarbeit dienen? Die Gemeinschaft der Nationen muß ein gemeinsames Wertesystem haben und gewisse unveränderliche und ewige Prinzipien, die ihren Ursprung in Gott haben, respektieren.

Wir haben einen gemeinsamen Traum. Es ist der langgehegte Traum der Menschen von der idealen Welt. Die Propheten haben ihn das Reich Gottes auf Erden genannt. Es ist ein hochgegriffenes Ziel, aber es ist erreichbar. Es muß erreichbar sein, ganz einfach, weil es das ursprüngliche Ideal unseres Schöpfers ist. Darin liegt der Sinn des Bemühens um den Weltfrieden.

Wenn wir gegenwärtig die Welt betrachten, mögen die Aussichten eher trieste sein. Doch ich gehe darauf nicht ein. In der Bibel finden wir die Entschlossenheit Gottes, Sein ursprüngliches Ideal in dieser Welt wiederherzustellen, wenn es heißt: "Ich habe es gesagt und ich lasse es kommen. Ich habe es geplant und ich führe es aus." (Is. 46,11) Ich glaube sehr stark daran, daß der Weltfriede entstehen wird.

Dieser Gipfelrat für Weltfrieden (Summit Council for World Peace) ist eine der hochrangigsten Versammlungen, die je zusammengetroffen sind, um sich mit dem Weltfrieden zu beschäftigen. Ich fühle, daß dieses Treffen von Gott inspiriert ist. Wir haben uns auf eine heilige und herausfordernde Mission eingelassen. Was wir erreichen können, wird unser Vermächtnis an unsere Kinder und an die Menschheit sein.

Sie haben, um an dieser Friedensinitiative teilzunehmen, die weite Reise nach Korea, einem entfernten Flecken der Welt, unternommen. Ich vertraue auf Ihre Erfahrung und Ihre Weisheit als Staatsmänner bei der Begutachtung dieser Initiative. Wir nehmen die Aufgabe auf unsere Schultern und hoffen damit, daß das 21. Jahrhundert eine neue Ära des Friedens sein wird.

Möge Gottes Geist und Segen mit Ihnen sein, wenn Sie Ihre Beratungen beginnen.

Ich danke Ihnen.