Erzbischof Milingos Brief an den Vatikan
Pressemitteilung von Rev. Phillip Schanker
Dienstag 17. Juli 2001
Übersetzung: Johannes Stampf
und Heinrich Krcek
Der Volltext von Erzbischof Milingos persönlichem Brief nach seiner Hochzeit an den Papst mit einer vorangehenden kurzen Hintergrundinformation wurde heute an die Medien weitergegeben:
Dieser persönliche Brief ist einer von mehreren, die Erzbischof Milingo in den vergangenen 40 Tagen an den Vatikan übermittelte. Diese wurden in Briefform (direkt an das Büro des Heiligen Vaters), per Fax (an das Staatssekretariat und an die Pressestelle im Vatikan) und mittels persönlicher Boten aus den Reihen der Freunde und Mitarbeiter des Erzbischofs in Rom überbracht. Auf keinen der Briefe erhielt der Erzbischof je eine Antwort, obwohl er seine Faxnummern, Telefonnummern und seine Adresse bekanntgegeben hatte. In der Zwischenzeit wurden jene, die den Erzbischofs unterstützten, intensiv bearbeitet und es wurde ihnen der Kontakt zu ihm untersagt. Alle Versuche seitens des Erzbischofs seine ehemaligen Gemeinden zu ermuntern und auf deren Bedenken und Fragen zu antworten, wurden abgeblockt oder mit einer Androhung von Sanktionen behindert. Alle Bemühungen beim Hl. Vater eine Audienz zu bekommen wurden ignoriert.
Nun aber veröffentlichte der Vatikan, ungeachtet der Zusicherung des Sprechers Joaquin Navarro-Valls, den Erzbischof zuerst persönlich zu informieren (ZENIT, 28. Mai 2001) ein Ultimatum und erklärte, dass der Vatikan nicht wisse, wie er Erzbischof Milingo erreichen könne. Es ist offensichtlich, dass hier die Medien weiterhin benutzt werden, den Erzbischof zu diskreditieren und zu missinterpretieren und sich auf diese Weise die Unterstützung der Öffentlichkeit zu holen. Monsignore Milingo kann sich nicht einmal sicher sein, ob der Heilige Vater seine Briefe überhaupt zu Gesicht bekommen hat.
Das ist der einzige Grund dafür, dass sich seine Exzellenz entschloss, diesen privaten Brief, den der Vatikan unter Verschwiegenheit erhalten hat, nun zu veröffentlichen. Mit einer Entschuldigung an den Heiligen Vater gibt der Erzbischof Ihnen den Inhalt des Briefes bekannt. Der Erzbischof wird nach seiner Rückkehr aus Korea, wo er die Familie seiner Frau besucht und Vorbereitungen für ihr gemeinsames Leben in der Zukunft trifft, in den Vereinigten Staaten in einigen Tagen für Interviews zur Verfügung stehen.
Hier der Wortlaut des Briefes:
10. Juni 2001
An Seine Heiligkeit Papst Johannes Paul II
Heiliger Stuhl
Vatikan Stadt
Eure Heiligkeit,
Ich würdige alle Ihre Bemühungen und Versuche mich am 25. und 26. Mai, knapp vor meiner interreligiösen Ehesegnung in New York zu kontaktieren. Ich weiß, dass die Handlungen meinerseits sowohl überraschen als auch schwer zu verstehen sind, aber ich versichere Ihnen meine unsterbliche Liebe zur katholischen Kirche und dass ich aus tiefstem Glauben an Jesus heraus handle. Ich bete um Ihr Verständnis und Ihre Unterstützung, da ich alles unternehme, einen Weg der Versöhnung und der Einheit mit der Kirche, die ich liebe, zu finden. Bitte seien Sie sich des Folgenden gewiss:
1. Die Behauptung, dass ich gehirngewachen, kontrolliert oder von bösen Geistern, die ich immer bekämpft habe, besessen sei ist absoluter Unsinn. Solch alberne Anschuldigungen sind bloß dazu angetan, zwei Ziele zu erreichen: Erstens mich (und damit auch den Auftrag, den Gott mir gegeben hat) in Misskredit zu bringen und zweitens sich vor den Themen, die ich anschneide und den Fragen, die ich aufwerfe, zu drücken. Seit 1973, als Gott mich rief, Seinen Auftrag, den Er Seinen Aposteln in Luk 9:1-2 erteilte, zu erfüllen, wurde ich kritisiert, skandalisiert, überprüft, ins Exil geschickt, entfremdet und in meiner Mutter Kirche wie ein Außenseiter und Narr behandelt. Die Phänomene, die stattfanden, wenn ich die "Messe" las (Phänomene, die ich weder herbeisehnte noch erklären kann) führten dazu, dass ich boykottiert und abgeschoben wurde. Priester, die mit mir die Messe zelebriert haben, wurden bestraft. All die Zeit hindurch aber ist Gott bei mir geblieben, die Menschen riefen weiterhin nach mir, und die Kirche hat mich gebunden und geknebelt. Soll ich das stillschweigend hinnehmen? Muss ich Gottes Ruf verwerfen und in mein Dorf zurückgehen? Es ist doch eine Ironie, dass ich, nach all den Jahren, in denen man versucht hat, mich zu unterdrücken und zu verstecken, um mich für die Kirche unbrauchbar zu machen, jetzt doch sehr gebraucht werde.
2. Mein Entschluss zu heiraten ist nicht, wie manche zu verstehen gaben, auf Lüsternheit zurückzuführen. Mit meinen 71 Jahren ist der sexuelle Stimulus am Tiefstpunkt angelangt. Es ist unrecht und falsch, mich, wie das manche Medien getan haben, mit Geistlichen zu vergleichen, die vergewaltigt, genötigt oder sich einfach verliebt haben. Ich heirate für Gott, bewegt von der tiefen Sehnsucht Reinheit und Ehrlichkeit in den Glauben einzubringen, indem ich mich den gravierendsten Sünden, die die katholische Kirche verwundet und geschwächt haben, stelle. Wenn Reverend Moon mich beeinflusst hat, so nur darin, dass er mir half, die heilige und erlösende Rolle von Ehe und Familie und ihre Notwendigkeit für die Heilung der Gesellschaft bewusst zu machen. Heute haben ca. 80% der Fälle, die vor dem Tribunal in Rom abgehandelt werden, mit zerbrochenen Familien zu tun. Ich kann der Kirche viel Gutes tun, indem ich diesen Dienst in den Vordergrund stelle. Aus diesem Grund agierte ich nicht heimlich und im Dunkeln, sondern öffentlich vor den Augen Gottes und der Welt. Sexualität und Spiritualität, die in der Kirchentradition so lange getrennt waren, müssen versöhnt werden. Mein vor Gott gegebenes Treuegelöbnis an meine Frau ist nicht ein Schritt vom Zölibat rückwärts, sondern ein Schritt höher hinauf.
3. Ich habe nichts getan meine Einheit mit der Kirche und ihren Bischöfen aufzuheben. Mein Zölibatsversprechen ist nach wie vor aufrecht und wird es solange bleiben, bis ich die 40 Tage der Reinigung und des Opferns vor dem Vollzug der Ehe vollendet habe. Meine Partnerin und ich durchleben den Zustand Adams und Evas als Bruder und Schwester, wir weihen unsere Einheit dem Werk und der Herrlichkeit Gottes und meine Partnerin lernt in dieser Zeit vieles über meinen Glauben. Zugleich leisten wir auch Sühne für unsere eigenen in der Vergangenheit begangenen Sünden. Ich bete für den Heiligen Vater täglich den Rosenkranz und erlebe weiterhin die Gegenwart Jesu in der heiligen Eucharistie. Was den kanonischen Ablauf der Ehesegnung betrifft, bei der in symbolischer Form Wein und Wasser verwendet und die Ehegelübde abgelegt wurden, unterscheidet sich hier nichts wesentlich davon, wie Verehelichungen überall auf der Welt abgehalten werden, die später von der Kirche kanonisiert werden können, wie das bei meinen Eltern der Fall war. Ich hoffte einen Weg gefunden zu haben, die Kirche zu stärken und nicht zu schwächen, sie zu erneuern und zu kräftigen und nicht den Glauben zu verwirren.
Im Lichte dieser Tatsachen bin ich entschlossen, wenn überhaupt möglich, den Weg zu finden, innerhalb der Grenzen der katholischen Kirche zu arbeiten. Ich habe zwei Anliegen an Ihre Heiligkeit:
1. Seiner Eminenz Kardinal Egan oder den Botschafter des Vatikans in den Vereinten Nationen zu beauftragen meine Ehesituation an den katholischen Ritus anzugleichen und mich des Zölibates zu entheben. Es ist auch meine persönliche Überzeugung, dass ich während dieser 40 Tage in dieser Angelegenheit noch vielen Prüfungen unterzogen werde.
2. Ich bekomme zahlreiche Einladungen von größeren Kirchen und Organisationen, die meine Position in der Kirche in Ehren halten. Ich werde als ein führender Erzbischof der katholischen Kirche empfangen, der sowohl den biblischen als auch den unausweichlichen Weg geht. Beide, der Weltrat der Bischöfe und CORPUS, die Organisation verheirateter Priester und Nonnen, haben sich an mich gewandt. Ich wurde eingeladen, in mehreren der größten Afro-Amerikanischen Kirchen in den Vereinigten Staaten zu sprechen.
Es scheint mir, dass ich in solch einer Position nützlich sein kann. Ich möchte alles in meiner Macht stehende für Ex-Priester und Ex-Bischöfe tun, damit sie ein würdevolles Leben in Versöhnung mit der katholischen Kirche führen können. Ich bete darum, einen Weg zu finden wieder in die Kreise der katholischen Kirche zu kommen und als Erzbischof weiterhin die heilige Kirche repräsentieren zu können.
Ich sehne mich nun nach dem, was mir seit einiger Zeit verweigert blieb: eine Audienz bei Seiner Heiligkeit. Ich erbitte noch vor dem Vollzug die "sanatio matrimonii" (Heilung der Ehe), die alle kanonischen Aspekte einschließt.
Ihr demütiger Diener Erzbischof E. Milingo
EM/ps
"Dann rief er die Zwölf zu sich und gab ihnen die Kraft und die Vollmacht, alle Dämonen auszutreiben und die Kranken gesund zu machen. Und er sandte sie aus mit dem Auftrag, das Reich Gottes zu verkünden und zu heilen." Luk. 9:1-2